Immer wieder die gleichen Fragen (gerade aktuell wieder auf Facebook): „Was haltet ihr von Gimmicks? Braucht man die überhaupt? Macht ihr euch auch die Mühe, Griffe zu lernen?“
Wenn ich solche Fragen lese, und mir dann die dazugehörigen „Zauberer“ ansehe, dann frage ich mich schon, wie weit diese Personen in der Zauberei gekommen sind. Als ob es nur die beiden Optionen gäbe: mit Gimmick oder „pur“ ohne.
Jungs: Gimmicks sind Hilfsmittel, die es (manchmal!) ermöglichen, Effekte zu realisieren, die man mit reiner Handfertigkeit in dieser Art nicht (oder nur extrem kompliziert oder umständlich) zustande bringen könnte.
Gimmicks können (müssen nicht) Effekte stärker wirken lassen, und sie können einem dabei helfen, so manchen Trick unglaublich sauber aussehen zu lassen.
Aber Gimmicks haben auch Nachteile. Man kann sie nicht wirklich zum Untersuchen geben (Ausnahmen gibt es, wie z. B. diverse Trickmünzen). Und man muss sie in den Trick „hineinbringen“ und wieder „herausbringen“. Beides erfordert oft mehr Geschicklichkeit, als wenn man den Effekt gleich in einer veränderten Variante auf Handfertigkeit aufbaut. Entdeckt oder durchschaut der Zuschauer das Gimmick, dann ist der Effekt verpufft und man steht als Stümper da.
Gimmicks müssen palmiert, geärmelt und „ge-Topit“ werden. Oder gelappt. Fäden müssen gespannt und gehandhabt werden. Alles gar nicht so einfach, kostet oft Jahre, das richtig zu lernen.
Dann das Argument: Dem Zuschauer ist das doch egal, ob ein Effekt mit Gimmick oder ohne zustande kommt, er sieht es eh nicht und für ihn zählt nur der Effekt. Richtig. Genau deswegen haben wir auch so viele Idioten in unserer Szene, die sich wie die kleinen Kinder hinstellen und ihre Gimmicks „spielen lassen“. Die dann auch noch erwarten, dass die Zuschauer sie für ihre „Kunst“ bezahlen und beklatschen.
Früher hieß es: Zuerst das Handwerk lernen, DANN die Gimmicks dazu. Das war und ist richtig. Denn ohne Handwerk und vor allem einem tiefergehenden Verständnis für Zauberei kann man auch kein Gimmick richtig handhaben. Ein guter Vergleich sind die selbstspielenden Harmonikas, mit denen sich jeder, der will, als „Musiker“ profilieren kann:
Die Instrumente sehen aus wie echte Harmonikas, der Balg bewegt sich wie bei einem richtigen Instrument, und sie klingen auch so. Sie sind ja vom Aufbau her auch echte Harmonikas, die aber ihres Innenlebens beraubt wurden und statt dessen zu elektronischen Terminators umgebaut wurden. Dazu schreibt der Seitenbetreiber und Hersteller:
Die selbstspielende Harmonika spielt mit echten Stimmplatten (Zungen), wie bei einem richtigen Instrument. Die Tonerzeugung erfolgt daher rein mechanisch – ohne Lautsprecher. Sie müssen nur den Balg bewegen, um die Luft für die Tonzungen zu erzeugen. Die Fingerbewegungen werden von einer Elektroniksteuerung übernommen und das Liedgut befindet sich auf einer kleinen Speicherkarte.
Die Beschreibung klingt fast schon wie so manche Händlerwerbung aus unserer Branche. Knopfdruckzauberei, die einen als den Macher von wahren Wundern dastehen lässt.
Man hört also die Musik, und es sieht (fast) danach aus, als ob derjenige spielt, der hinter dem Instrument sitzt und den Balg schüttelt. Aber nur fast.
Denn um eine richtige Illusion zu erzeugen, muss man eigentlich auch wirklich Harmonika spielen können, die Finger dem Stück entsprechend bewegen. Erst dann entsteht die perfekte Illusion, dass ICH das Instrument spiele! Nur den Balg zu schütteln und Luft ins Instrument zu pumpen reicht nicht aus. Aber dann kann ich auch gleich lernen, ein Instrument tatsächlich zu spielen und verzichte auf das Gimmick.
Natürlich – die Zuhörer hören Musik, und das ist auch Harmonikamusik, weil die ja auch von einem richtigen Musiker eingespielt wurde. Manche der Stücke klingen auch gar nicht schlecht, weil sie von einem guten Musiker eingespielt wurden. Die Zuschauer hören Musik und sind zufrieden. Nur merken die meisten Zuschauer nach kürzester Zeit, dass gar nicht der Performer selbst spielt, weil in der Regel seine Fingerbewegungen ungelenk und stümperhaft sind und er Null Ahnung vom Instrument hat. Sie merken also, dass es eine Art von „Betrug“ ist und der „Musiker“ nur blufft. Alles gut, solange das als Spaß gemacht wird und es darum geht, die Leute mal mit ein bisschen Musik zu „unterhalten“. Niemand nimmt das ernst. Aber man sollte auch nicht bewusst so tun, als ob man richtig spielen kann. Vor allem, wenn die Leute gekommen sind und womöglich auch Eintritt bezahlt haben, um richtige Musiker zu erleben. Live-Musik gespielt von Könnern.
Bei uns in der Zauberei ist es vor allem eine Frage der Ethik. Wie kann ich mich ZauberKÜNSTLER schimpfen, von ZauberKUNST sprechen, wenn ich meine Zuschauer in Wahrheit erbärmlich betrüge (und anlüge) und nur meine Gimmicks vorführe, und dabei aber so tue, als ob ich den Effekt durch meine Geschicklichkeit oder mein Können produziert hätte. Wenn Zuschauer mich dafür bezahlen, sie durch meine Fertigkeiten zu unterhalten, dann sollte man auch eben dasselbe tun und sie nicht an der Nase herumführen.
Wie wollt ihr Kids dastehen? Als erbärmliche Quacksalber, die nur ihre Spielzeuge vorzeigen können oder als wahre Täuschungskünstler, die ihr Handwerk beherrschen und die Zuschauer mit ihrem wahren KÖNNEN beeindrucken? Und was macht ihr, wenn ihr eure Gimmciks mal nicht dabei habt?
Nur Zauberer, die ihr Handwerk von Grund auf beherrschen, können auch Gimmicks sinnvoll und geschickt einsetzen, um den Effekt zu steigern.
Dazu braucht es viele Jahre Übung …