Zauberkunst in Zeiten des Narzissmus
Eine der größten Herausforderungen für Zauberkünstler in der heutigen Zeit ist das Publikum selbst – eine Gesellschaft, in der Narzissmus immer offensichtlicher, rücksichtsloser und ungehemmter ausgelebt wird. Das ist nicht aufzuhalten und beeinflusst unsere Zuschauer in einem Ausmaß, das kaum ignoriert werden kann.
Das Problem liegt nicht einmal im Narzissmus an sich, sondern in seiner negativen Ausprägung: Menschen, die sich schwer damit tun, Dinge zu akzeptieren, die sie nicht sofort erklären oder verstehen können – besonders, wenn sie selbst dabei nicht im Mittelpunkt stehen. Und genau solche Menschen sitzen in unseren Shows.
Dass das Komplikationen mit sich bringt, ist offensichtlich. Nicht nur in Bezug auf typische „Zuschauerreaktionen“ während der Show, sondern auch in der Art, wie Staunen heute „bekämpft“ wird: Dank Smartphones und permanentem Internetzugang reicht eine kurze Google-Suche, um das Geheimnis eines Tricks in Echtzeit zu entzaubern. Und dann? Verkündet man das Ergebnis lauthals – ohne Rücksicht auf Verluste.
In einer Zeit, in der Selbstdarstellung und „Ich-weiß-alles“-Mentalität das Maß aller Dinge sind, wird es für uns Zauberer zunehmend schwieriger, unser Publikum zu fesseln, ohne uns dem Zorn dieser neuen Zuschauergeneration auszusetzen.
Ein Blick auf die Videoclips des zaubernden Nachwuchses zeigt: Anerkennung und Likes sind oft wichtiger als das eigentliche Können. Die Anzahl der Klicks zählt mehr als die Qualität der Darbietung. Das ist nicht einmal ein Vorwurf – es ist ein Spiegel der Zeit. Heute geht es nicht mehr darum, etwas zu tun, sondern darum, gesehen zu werden.
Und das spiegelt sich auch in unseren Zuschauern wider. Viele von ihnen kommen nicht, um sich verzaubern zu lassen – sie kommen, um sich selbst zu inszenieren. Vielleicht sind deshalb Kunststücke so beliebt, bei denen der Zuschauer scheinbar selbst die Magie bewirkt und am Ende als Held gefeiert wird.
Die große Frage bleibt: Sollten wir Zauberer uns diesem Trend unterwerfen, nur um „Erfolg“ zu haben?
Wer darauf wartet, dass eine Rückbesinnung auf altruistische Werte einsetzt, wird wohl noch eine Weile warten müssen …