Für alle, die die Fachzeitschrift MAGIE nicht beziehen, hier nochmal das Interview, das Andreas Sucker mit mir führte und das in der Februar MAGIE veröffentlicht wurde.
Autor des Artikels: Andreas Sucker
Dein neues Buch wiegt 1,5 Kilogramm, hat 300 Seiten und enthält mehr als 60 Tricks, Tipps und zahlreiche Fotografien. Wie lange hat es gebraucht, das Buch fertigzustellen?
Das Material habe ich in den letzten drei Jahren zusammengetragen, aufgeschrieben und bebildert. In dieser Zeit habe ich die NAM (New Avantgarde Magic; digitales Fachmagazin) gemacht, die allerdings nicht so gut angenommen wurde wie erwartet. Also habe ich mir gesagt: „Jetzt machst Du ein Buch!“. Das war Anfang Dezember. Vier Wochen später ging alles in den Druck.
Du hast „Burners“ in Eigenregie geschrieben, produziert und vertrieben. Was sprach gegen eine Zusammenarbeit mit einem Verleger?
Ich wollte es nicht. Es ist mein Buch. Ich wollte unabhängig bleiben. Deswegen gibt es das Buch auch nur bei uns, bei DECOVAMAGIC. Was Rolf Braunmüller damals herausgegeben hatte, „Ein Profi packt aus“, war okay. Aber „Secrets 2“ (das brachte dann Tesmar Stegmaier heraus) gefiel mir nicht. Das war nur auf billig gemacht. Meine Frau und ich waren uns einig: Das wollen wir nicht. Paperback kam für „Burners“ nicht in Frage.
Vol.1 deutet daraufhin, dass es eine Fortsetzung von „Burners“ geben wird.
Ja. Jay Sankey hat z. B. drei Bücher. Gaetan Bloom auch. Also: Ich will natürlich auch drei haben. Jeder vernünftige Zauberer sollte mindestens drei Bücher geschrieben haben (lacht).
Kannst Du absehen, in welchem Zeitraum Du die anderen beiden „Burners“-Bände veröffentlichen wirst?
Ende Februar kommt „Burners Vol. 2“, Ende März folgt der dritte Band. (Anmerkung AdC: Lach! Schön wäre es! Der dritte Band kommt Ende Juli)
Nach welchen Kriterien hast Du die Kunststücke in „Burners“ zusammengestellt?
Ich habe sieben Kapitel: Bühnenzauberei, Close-Up, Karten, Mentalmagie, Kleinigkeiten, Bastelarbeit und Theorie. Wenn man am Ende aus jedem Band beispielsweise nur die Close-Up-Kunststücke rausnimmt, könnte man damit ein Buch nur mit Close-Up zusammenstellen. Andere würden das auch so machen. Ich versuche hingegen mit dem „Burners“ einen großen Bereich abzudecken. Du wirst staunen, was da z.B. noch an Gimmicks kommt: Da hättest Du nie gedacht, dass man so etwas so leicht bauen kann. Für 95 Euro (inkl. Versand, Anm. der Redaktion) soll der Leser ordentliche Ware bekommen. Deshalb die Vielseitigkeit und die aufwändige Aufmachung des Buches.
Warum hat das digitale Experiment mit der NAM nicht funktioniert?
Damals haben wir mit vielen Leuten geredet. Immer hieß es: Ja Alex, das braucht es, eine gute Zeitschrift im deutschen Raum ohne Schnickschnack und Geschwafel! Gut, habe ich gesagt, dann veröffentliche ich meine Tricks jetzt eben in einer Zeitschrift.
Und damit wir das modern halten – es kam immer auch die Forderung nach der iPad-Tauglichkeit – gingen wir ins digitale Zeitalter des Publizierens. Und das ging in die Hose.
Warum?
Weil die Dinger kopiert wurden. Trotz des personifizierten Wasserzeichens, das wir gesetzt hatten. Am Ende saß ich da mit einer Randgruppenextremistenzeitschrift, die zu wenige gelesen haben. Und ich fragte mich, warum ich mir die Mühe mache, wenn es nichts bringt. Dazu kam, dass auf der Seminartour kaum einer wusste, wovon ich redete, wenn ich erwähnte, dass ich der Herausgeber der NAM sei. Erst zuckten die Leute mit den Schultern und dann kam die Frage, ob es die auch gedruckt gäbe.
Haben die treuen NAM – Leser trotzdem einen Gewinn an dem Buch?
Auf jeden Fall! Du hast alleine schon einen Gewinn, wenn Du die 750 NAM-Seiten ausdrucken und binden willst. Wenn Du überlegst, was Du dafür bezahlen würdest. Außerdem kommt in den „Burners“ Vol.2 und Vol.3 jede Menge Material, was noch in der NAM hätte erscheinen sollen.
Was muss ein Kunststück erfüllen, damit es Dein Interesse erweckt?
Keine Elektronik; der Effekt muss klar und stimmig sein; die Methode sollte möglichst ohne schwierige Griffe auskommen. Manchmal lässt sich das nicht vermeiden, aber es sollte der direkteste Weg im Vordergrund stehen, wie bei Patrick Page. Das Zeug muss in der Praxis funktionieren. Mein Lieblingshobby ist: Wie kann ich Hilfsmittel vereinfachen? Joros Kunststücke sind für mich eine Idealvorstellung. Was er herausbringt, hat alles Hand und Fuß. Das sind Effekte, die funzen, und seine Methoden sind saugeil.
Wie lange dauert es bei Dir, bis Du vom Üben in die Live-Vorführung gehst?
Nicht lange. Bei meinen Sachen ist alles modular aufgebaut: Ich verlasse mich auf Techniken, die ich kann. Daraus stelle ich die Routine zusammen. Ein Zarrow Shuffle, ein Bottom Palm, Double Lift, Palm Transfer, was auch immer, das ist bei mir alles da. Ich brauche nicht lange zu überlegen. Ich habe diesen Werkzeugkasten parat und kann alles einsetzen. Die meisten Zauberer verfügen aber über zu wenig Handwerk. Stell Dir vor, Du möchtest eine Holzkiste bauen, hast alles an Werkzeug: einen Hammer, Säge und was weiß ich. Aber Du hast keine Materialkunde, hast noch nie mit dem Hammer geübt. Du hast keine richtige Werkstatt, weißt nicht, wie man das Holz schleift, wie man es einspannt und nicht mal, wie man einen Nagel gerade einschlägt. Jetzt liegen die Einzelteile da und Du probierst, die Kiste zusammen zu hämmern ohne Sinn und Verstand, ohne Übung. Deshalb braucht es bei den Zauberern meist so lange bis sie etwas Neues zustande bekommen. Sie müssen erst einmal lernen, mit dem Hammer umzugehen. Ich versenke den Nagel inzwischen mit einem Schlag. Da brauche ich noch nicht einmal hinzuschauen, weil ich es tausendmal gemacht habe.
Die meisten von uns sind so zauberbegeistert, dass sie sich mit zu vielen Sachen beschäftigen anstatt sich auf eine zu konzentrieren. Wie schaffst Du es, Dich so vielseitig in so vielen Sparten der Zauberkunst auszukennen ohne Dich zu verzetteln?
Weil ich das lebe. Die Zauberei ist das erste, an das ich denke, wenn ich aufstehe und das letzte, wenn ich zu Bett gehe.
Gab es auch Momente, in denen Zauberei gar keine Rolle für Dich spielte?
Eigentlich nicht.
Du hattest eine Phase, in der Du Dich von der Zauberei verabschieden wolltest.
Von der Zauberszene, nicht von der Zauberei! Das ist ein Riesenunterschied! Mir ging die Szene auf den Nerv, die Selbstdarsteller, die Dilettanten und vor allem die, die sich auf Facebook wichtig machen.
Wenn man so interessiert an der Zauberkunst ist, muss man auf dem Laufenden bleiben und sich informieren, was in der Zauberkunst los ist.
Das mach ich eh. Ich war zum Beispiel Anfang Dezember eine Woche lang bei Michael Sondermeyer und Uwe Schenk im sic!-Verlag. Mein Tag war dreigeteilt: Ein Drittel habe ich Michael geholfen, Bücher einzuscannen; ein Drittel habe ich damit verbracht, in seinen Fundus und in der MZvD-Bibliothek rumzustöbern, und den Rest habe ich mich mit den Gebrauchtwaren befasst, die ich sortiert habe; z. B. mit den Kartons von den Nachlässen, die so reinkommen. Und so ging es jeden Tag.
Für einen zauberbegeisterten Menschen ein Traum, oder?
Eigentlich schon, aber nach einer Woche halte selbst ich das nicht mehr aus. Es war ja auch extrem von morgens um 8 bis abends um 11.
Hast Du dort neue bzw. alte Bücher entdeckt?
Ja klar, eine Menge. Nicht nur Bücher, auch Manuskripte und Props. Ich hatte gar nicht genug Platz im Auto, um das alles mitzunehmen, was ich entdeckt hatte und mit nach Hause nehmen wollte.
Was war die wichtigste Erkenntnis nach Deinen letzten Seminartouren?
Dass ich mittlerweile weiß, wie man Seminare für die deutschen Zauberer so gestaltet, dass sie nachhaltig zufrieden sind. Und dass es letztendlich alles liebe Kunden sind. Früher hat mich das aufgeregt, aber jetzt bin ich älter und ruhiger. Die letzte Tour hat richtig Spaß gemacht.
Warum haben Dich die Leute aufgeregt?
Na ja, das ist ja normal, wenn Du jung bist und zaubern willst und dann siehst, wie es in den Clubs oft daneben läuft. Es gibt schon Extreme, wenn manchmal so ein Hansel vor Dir steht und Du eigentlich nur noch fragst: Was machst Du und warum machst Du überhaupt?
Hat sich diesbezüglich etwas geändert in den letzten Jahren?
Vom Prinzip her ist es das, was Albert Goshman sagte: Es war vor 40 Jahren so, es ist heute so und es wird in 40 Jahren so sein. In den Clubs ist Platz für alle: den Profi, den Vereinsvorsitzenden, den Vize, den Kassierer, den Büchersammler, den Dummschwätzer, den Organisator und den Passiven, der auch dabei sitzt. Dafür haben wir den Club. Und das muss man akzeptieren. Wenn man das nicht kann, sollte man keine Seminartour machen. Ich habe Jahre gebraucht zu lernen, mit der Szene umzugehen. Wenn einer mit der Technikdiskussion anfängt – und das passiert immer – und mich fragt: „Warum machst Du das so? Ich habe aber den Move…“, dann rege ich mich nicht mehr auf. Heute sage ich: „Gut, dann mach Du den Move so, ich mache es anders!“
Triffst Du auf jüngere Zauberer, bei denen Du den „De Cova Touch“ erkennst?
Ja, einige.
Findest Du das gut?
Jein. Ich finde es toll, wenn sie meine Ideen vorführen, weil ich weiß, dass die Tricks gut sind. Die „Burners“ sind mein Beitrag, damit sich zumindest im deutschen Raum etwas in der Zauberei verändert. Denn wenn die anfangen, das alles vorzuführen und nicht mehr den Schrott, wird das Bild nach Außen besser. Was mir nicht gefällt, ist, wenn sie mich sklavisch kopieren. Aber gut, wenn die Jungen das Probieren, ist das normal. Man muss am Anfang erst mal Leute nachmachen, bis man seinen eigenen Weg findet. Das ist okay.
Was geht für Dich gar nicht?
Die saudummen Kommentare und die Klugscheißerei. Das Internet und die sozialen Medien haben viel verändert. Was da zum Teil in den Foren geschrieben wird, ist eine Katastrophe. Ich komme aus der prähistorischen Zeit vor dem Internet; bei uns wäre das in diesem Ausmaß früher nie gegangen. Die Jungen wachsen heute damit auf, haben wenig Wissen. Das schlimmste für mich ist jemand, der keinen Spiegel zu Hause hat, der unter totaler Selbstüberschätzung leidet, sich 5 Tricks zusammenfrickelt und die Community fragt: „Habt Ihr einen Namen für mein neues Programm?“ Dann kommen so Vorschläge wie „Magic Moments“. Und das nehmen die dann auch! Das hat sich wirklich verändert: die Zunahme der Klugschnackerei. Wenn ich wirklich etwas lernen will, muss ich üben und verstehen, damit ich es so umsetze, dass es auch gut aussieht. Deshalb versuche ich, mit den „Burners“ natürlich immer Credits anzugeben und auch ein wenig Geschichte zu vermitteln, damit man mal ein paar Namen hört und eine Ahnung davon bekommt, was Albert Goshman, Dai Vernon, Patrick Page, John Carney für Jungs waren (sind). Vielleicht macht das neugierig. Mein kleiner Beitrag zur Zauberszene ist es, kreative Ideen zu liefern. Und ich glaube, mit drei Bänden „Burners“ hat man schon einiges zu tun.
An Deinen Büchern fällt auf, dass Du gerne zurück in die Zauberei gehst, um zu zeigen, wie man alte Prinzipien neu einsetzen kann.
Und das ist der Grund, warum die Tricks in meinen Büchern mehr wert sind als der meiste Schrott da draußen. Ich weiß, dass sie funktionieren. Ich stelle mir oft einen jungen Zauberer vor, der einen Auftritt vor sich hat und sich ein Programm zusammenstellen will. Bevor er hektisch im Internet recherchiert und sich der YouTube-Orgie hingibt, sage ich: Schau lieber in die „Burners“! Es gibt kaum Zauberbücher, in denen Du immer wieder etwas findest. Das „Handbuch der Magie“, das MZvD-Standardwerk, kann das nicht mehr leisten. Es ist ja auch irgendwie schon ein wenig veraltet und gehört eigentlich längst mal überarbeitet und modernisiert. Wenn jemand ein Close-up Programm macht und einen Knaller zum Schluss oder für den Einstieg braucht, sucht er nach Routinen, nicht nach Moves. Er stückelt sich seine Zauberwelt zusammen und ich liefere ein paar bunte Legosteine dazu, gute Legosteine!
Im Index von „Burners“ findet man bei keinem Namen so viele Verweise wie bei Patrick Page. Ich weiß, dass Du ein großer Fan bist. Was macht für Dich das Besondere an Patrick Page aus?
Ich bin kein großer Fan. Für mich ist Patrick Page viel mehr. Er ist das absolute Epitom eines Zauberers. Fan trifft es nicht, es ist eher eine Lebenseinstellung. Patrick Page ist wie eine Vaterfigur für mich. Er hat mir immer geholfen, nicht nur hinsichtlich der praktischen Seite und des magische Denkens. Mir gefallen viele seiner Kernaussagen. Er hasste Interviews und Gelaber in Clubs. Einmal hatte ich ihn für ein Symposium gebucht. Als er an der Reihe war, fragte ich ihn „Are you ready?“. Und er antwortete: „ I am ready since I have arrived here.“ Die anderen Teilnehmer saßen dort und diskutierten noch. Ich zu ihm: „Patrick, they are still discussing.“ Und er: „Why don’t we start now?“ Also: Nicht lange herumreden, sondern machen! Das war seine Devise. Oder eine andere Kernaussage: „Yes, I have seen the move but it is not involved in a routine.“ Und dann folgte meistens: „Why do you show that bullshit to me?“. Das Beste an Page war, dass er für jedes Problem in der Praxis eine Lösung hatte und die war nie kompliziert. Er sagte oft „Never run when you are not chased!“ (Laufe nicht davon, wenn Du nicht gejagt wirst!). Damit spielte er auf das übertriebene Zeigen an, dass keine Trickhandlung passiert sei. Du erkennst in meinen Tricks ganz klar einen Patrick Page Touch. Ich mache es natürlich auf meine Art, weswegen da auch der De Cova Touch drin ist; die Basis ist immer die einfachste, direkte Art zu zaubern wie man es in den 40er und 50er Jahren machte. Die fand ich in vieler Hinsicht eh besser als das, was heute teilweise so dahingezaubert wird.
Du nutzt in Deinem Buch oft das Wort „frech“…
Ja, die Engländer sagen „bold“ dazu. Du musst die Eier dazu haben. Aber die haben die jungen Zauberer oft nicht. Salvano, einer meiner anderen Mentoren, sagte mir mal: „Alex, die Zauberer haben Angst vor der Zauberkunst.“ Sie fühlen sich schuldig, weil sie ein Betrugsmanöver ausführen. Sie wollen die großen Zampanos sein, aber nicht akzeptieren, dass Du die Eier dazu brauchst. Du musst Dich da hin stellen und dieses Forcierspiel dem Zuschauer geben und mit einer Selbstverständlichkeit sagen: „Hier, misch Du es!“ Das trauen sie sich nicht und bekommen das große Zittern…
Wahrscheinlich weil die Praxis-Erfahrung fehlt…
Nein, das hat nichts mit Praxis-Erfahrung zu tun. Das liegt daran, dass sie die Zauberkunst nicht kennen und nicht verstehen. Sie wissen nicht, warum eine Täuschung wirkt und wie die Psychologie der Zuschauer funktioniert. Deshalb haben sie Angst. Wenn sie es wissen würden, würden sie den Prinzipien der Zauberkunst vertrauen. Juan Tamariz und Dani DaOrtiz zeigen uns doch, wie es funktioniert und dass es funktioniert. Nur denken sie nicht mehr darüber nach. Deshalb haben sie diese Rotzfrechheit. Und die musst Du haben. Das ist die wichtigste Eigenschaft als Zauberer.
Du merkst bei einem „normalen“ Zauber, wo die Hand hingeht, wenn er eine Münze verschwinden lässt. Weil sie ein normales Verschwinden psychisch nicht verpacken, suchen sie vor lauter Angst nach dem idealen Gimmick, mit dem sie die Hände immer leer zeigen können. Was mir auf den Zeiger geht, ist dieses hier (demonstriert ein typisches Leerzeigen der Hände). Ich wollte die ganzen Clips mal sammeln und zusammenschneiden, um darauf hinzuweisen, wie oft ihr beim Zaubern etwas beweisen wollt. Das ist die Unreife der meisten Zauberer.
Woher soll die Reife kommen? Du brauchst doch die Erfahrung vor Publikum.
Nein, nein. Erst musst Du die Theorie intus haben. Wenn Du nicht weißt, warum das Forcierspiel funktioniert, warum das Crossing-The-Gaze-Prinzip funktioniert, kannst Du hundertmal rausgehen und wirst immer wieder zittern. Auch der Zauberunterricht sollte anders aufgebaut werden. Wir vermitteln in den Workshops und Seminaren immer nur Griffe, aber nicht, warum die funktionieren. Das sollte man in der Jugendarbeit fördern. Du brauchst keinen Schauspieler zu spielen, Du musst keine Pantomine machen und jahrelang Tanzunterricht nehmen oder „neue“ Charaktere auf der Bühne finden. Darauf kommt es nicht an. Wir wollen doch zaubern! Darum geht’s und das sollte man erst einmal von der Pike auf lernen. Du musst wissen, was Misdirection ist und warum sie funktioniert und dann kommen die Moves. Wenn Du die Philosophie der Zauberei intus hast, dann überträgst Du sie auf die Moves und gehst dann auf die Bühne. Lest die S.H. Sharpe Bücher! Da steht das alles drin.
Bist Du nicht der ideale Mediator, um diese Dinge zu vermitteln?
Was meinst Du, was ich mir den Mund schon fusselig geredet habe? Wie viele Stunden, Monate, Jahre meines Lebens ich schon mit Möchtegernzauberern und Schülergruppen verbracht und das gepredigt habe? Ich habe nicht immer nur gesagt, Ihr müsst lesen, sondern auch was und warum. Aber sie tun es einfach nicht. In der Zauberei sind lauter kleine Kinder. Es ist ja auch toll und es gibt so viele Gimmicks.
Helena, meine Frau, ist eine Partnerin, die wirklich auf dem Boden der Realität ist. Sie merkt natürlich auch, dass ich ein Spinner und Spielfratz bin und wie viel Spaß mir meine Spielzeuge machen. Der Unterschied ist aber, dass sie sieht, wie ich aus jedem Spielzeug etwas Sinnvolles mache. Aber Mediator? Naja, vielleicht. Mein Ziel war, das „total package“ zu werden, wie Fred Kaps und Patrick Page, beide Allrounder. Das bedeutet auch, dass ich in gewissen Bereichen einfach Einschnitte machen muss, zeitlich.
Ich kann da nicht so exzessiv eintauchen, weil dann wieder ein geiler Toss Vanish oder eine Sleeving Technik auf der Strecke bleibt. Ich möchte diese Felder alle in der Balance bedienen können. Dazu muss ich mich einschränken in der Auswahl der neuen Techniken, die ich lernen will. Und da habe ich schon einiges an Erfahrungswerten zu bieten, was sich wirklich auf lange Sicht lohnt. Wenn Du meine Arbeit analysierst, wirst Du feststellen, dass ich dieselben oder ähnliche Techniken verwende. Warum? Weil es mir die Arbeit leichter macht und die Zeit verkürzt , ein neues Kunststück zu lernen. Ich guck erst einmal, was ich schon kann. Je mehr Tools ich habe, desto besser für mich.
Wann hat Dich ein Kunststück oder ein Zauberkünstler zuletzt so richtig gefoolt?
Du kannst mich nicht mehr foolen! Das habe ich verloren. Leider. Wenn ich Tamariz sehe, ist der Moment des Gefooltseins für einen Bruchteil einer Sekunde da und dann geht der Gedanke gleich an die Methode. Aber dass ich so das Gefühl von ‚Keine Ahnung’ habe, das gibt es bei mir nicht. Kürzlich hatte ich es beinahe. Da sah ich eine Münzroutine von einem Inder. Auf den ersten Blick dachte ich „Wow!“, aber dann habe ich seine Methode schon geblickt.
Trotzdem musst Du Dir die Fähigkeit bewahren, Dich in den Kopf des Zuschauers hineinzuversetzen.
Das ist etwas anderes. Um zu fragen, was Laien sehen, kann ich sehr gut aus meiner Rolle rausgehen und einen geistigen Film vor meinen Augen ablaufen lassen. Ich sehe mich an dem Mikrofon stehen und gehe jeden Schritt durch. Dabei überlege ich: Warum nimmt er das jetzt? Warum legt er das hier rüber? Wenn Du für Laien arbeitest, ist es brutal wichtig, dass jede Bewegung motiviert ist.
Da ich die grundlegenden Gesetzmäßigkeiten der Zauberei kenne und weiß, wie man sie anwendet, fahre ich damit gut und täusche die Leute. Wenn ich einen Trick für Laien mache, gehe ich ganz anders ran als wenn ich einen für Zauberer mache. Ich kann auch Zauberer täuschen. Aber darauf kommt es nicht an.
Wie stehst Du zu Wettbewerben?
Wettbewerbe sind bis zu einem gewissen Alter gut für die Entwicklung, weil die Jungen zu einem festgesetzten Zeitpunkt mal 10 Minuten hinlegen müssen.
Hast Du an Wettbewerben teilgenommen?
Ja, klar, bis ich Profi wurde. Ich habe nie Werbung damit gemacht. Wenn ich einen Ratschlag an junge Zauberer geben darf: Streicht alle Auszeichnungen aus Euren Foldern und von Eurer Website! Sucht lieber etwas Eigenes, was kein anderer hat. Und zwar in Eurer Persönlichkeit. Die Booker fragen nicht nach Preisen, die wollen wissen, was an dem Act speziell ist. Ich habe mal bei einem Wettbewerb auf einem Kongress eine Uhr gewonnen. Soll ich das jetzt in meine Werbung aufnehmen: „…gewann auf Schweizer Kongress eine Uhr“?
Ich vergleiche es mal mit einem Taubenzüchterverein. Stell Dir vor, Du siehst hier eine Taube und ich frage Dich: „Und? Wie findest Du die?“. Du kennst Dich nicht aus mit Taubenzucht, schaust sie Dir an, betrachtest das Gefieder und die Farbe und sagst: „Ja, ist eine Taube.“ Und ich sage: “Nein, das ist der Vizemeister!“ Dann sagst Du: “Mag sein, ist trotzdem nur eine Taube!“
Selten assoziiert man Alexander de Cova mit Kinderzauberei
Ich habe überhaupt kein Problem damit, für Kinder zu arbeiten, die fahren voll auf mich ab. Ich bin aber keiner, der rausgeht und spezielle Kindershows anbietet. Meine normalen Tricks gehen für Kinder genauso gut. Meine Samurai-Nummer z. B. haben die Kinder geliebt. Ich war mit dem italienischen Zauberer Silvio Mantelli lange in Indochina. Wir haben dort in Waisenhäusern und Schulen gezaubert. Ich werde Fotos davon in den „Burners“ veröffentlichen, da siehst Du, wie ich in einem landestypischen Kleid vor 1500 Kindern stehe und zaubere.
Wer ist für Dich ein guter Kinderzauberer?
Michael Sondermeyer ist für mich wahrscheinlich der beste. Der arbeitet ganz normal und macht sich auch nicht zum Trottel. Patrick Page hat auch für Kinder gezaubert, ohne sich zum Clown zu machen. Er sagte mir mal: „Wenn Du Geld verdienen willst, bau Dir eine gute Kindershow.“ Ich war eine Zeit lang mit Barbara Prewein alias Miss Lee zusammen und habe sie bei ihren Kindershows unterstützt. Aber auf die Dauer ist nur Kinderzauberei nichts für mich.
Spielst Du mit dem Gedanken, wieder mal eine DVD zu veröffentlichen?
Ich sage nicht auf ewig nein. Aber im Moment habe ich es einfach satt mit dem Raubkopieren. Ich hatte auf der letzten Seminartour ein paar Tricks dabei und die kamen wirklich gut an. Die Leute wollen wieder etwas in der Hand haben. Deshalb gibt es bei uns, bei DECOVAMAGIC, eine strikte Kursänderung: Wir werden reale Quality-Props und Tricks produzieren, die Du bei keinem anderen Händler bekommst. So wie Ken Brooke damals, der war ein genauso begnadeter Vorführer wie Händler. Das ist mein Ideal, das ich in den nächsten fünf Jahren erreichen möchte. Ich behaupte nicht, dass ich ein begnadeter Vorführer bin, aber ich beherrsche meine Sachen. Ein Händler, der echt Ahnung hat, der das Zeug vorführen kann und der Produkte anbietet, die auch wirklich funktionieren, das ist die Nische, in die wir hineingehen. Wir haben mit den „Burners“, dem „Avalon“-Umschlag und der „Cardbox“ bereits gute Sachen im Programm. Gerade erst haben wir unsere Werkstatt und unsere Produktionsmöglichkeiten aufgestockt.
Wird es eine weitere Seminartour geben?
Klar wird es die geben! Meine Seminare stelle ich wie meine Bücher aus verschiedenen Bereichen zusammen, immer so, dass Du Dir alles selber bauen kannst. Das finde ich wichtig! Es gibt Seminare, die sind entweder zu schwer von den Griffen her, zu speziell oder es sind reine Verkaufsseminare. Aber es ist möglich, eine gesunde Balance zu finden und so viele Tipps zu geben, dass sich die Teilnahme alleine deswegen lohnt.
Macht Dir das Organisieren Spaß?
Ja, ich mag das. Ich habe in den letzten Jahren Kongresse veranstaltet und ich habe Seminartouren für Künstlerkollegen wie Gary Kurtz und Gaetan Bloom organisiert. Aufgrund meiner vielen Kontakte bringe ich mich gerne auch für den Magischen Zirkel bei der Vermittlung von Seminarleitern und die Organisation ein. Aktuell mache ich das für John Carey, er im März auf Tour kommen wird. Außerdem schreibe ich das deutsche Seminarheft für ihn. Das wird ein richtig schönes, kleines Buch mit acht ausgewählten Routinen. Vielleicht mache ich im Herbst, wenn alle drei „Burners“-Bände auf dem Markt sind, eine Buchvorstellung.
Was kommt nach den Burners?
Ein Buch über Kreativtechniken. Das war ja das Thema meiner letzten Seminartour. Was mir gefehlt hat, war, die Theorie mit Kunststücken zu unterlegen. Das hole ich mit dem Buch nach. Und das wird dann die „Bibel“. Außerdem plane ich ein Buch zum Thema Misdirection.
Den DECOVAMAGIC Shop findet ihr hier: www.decovamagic.info