Tip Jar Konstruktion

Wer kom­merzielle Magie und pro­fes­sionelle, ein­fache Lösun­gen dazu mag, ist mit der Arbeit von Cody Fish­er gut berat­en. Ein Konzept von Cody zum „Bill in Lemon“ hat es mir beson­ders ange­tan: sein „Tip Jar Konzept“. Ein Tip Jar ist ein Glas, in dem Trinkgelder gesam­melt wer­den, es ste­ht in vie­len Restau­rants an der Theke oder Bar. Cody hat­te die raf­finierte Idee, die prä­pari­erte Zitrone in solch einem Gefäß zu ver­steck­en und sie in voller Sicht zu laden, wenn er den Schein des Zuschauers in das Glas steckt.

Dabei steckt er den Schein direkt in die Zitrone, die Zuschauer denken aber, dass er sich nur im Gefäß befind­et. Danach wird die Zitrone durch den Boden des Glases „ent­laden“ und in eine Papiertüte gebracht. Die genaueren Details sein­er Rou­tine kannst du dir aneignen, wenn du dir den Trick von ihm besorgst. Es ist aus mein­er Sicht die raf­finierteste und beste Art, den Schein in die Zitrone zu laden.

Anfangs lieferte Cody noch ein Glas mit dazu, jet­zt jedoch nicht mehr. Mir gefiel die Idee, aber ich wollte ein Glas, welch­es ich umringt vorzeigen kon­nte, was wiederum bei Codys Ver­sion nicht ging. Hier also meine Baste­lan­leitung für solch ein Glas. Die ver­wen­de­ten Mate­ri­alien und Werkzeuge siehst du auf dem näch­sten Bild:

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Als erstes suchte ich ein passendes Glas, wie Cody es ver­wen­dete. Da das aber in unseren Lan­den nicht so leicht zu find­en war wie in den USA, ver­lagerte sich die Suche schnell auf eine Alter­na­tive. Ich habe sie mit ein­er ⇒ Gold­fis­chschale aus Plas­tik gefun­den. Die Schale hat einen Durchmess­er von etwa zwanzig Zen­time­tern.

Innen braucht man jet­zt eine Röhre, in der sich die Zitrone befind­et. Anstatt umständlich eine passende Plex­i­glas­röhre zu suchen, habe ich mich für etwas anderes entsch­ieden: ⇒ Pint­gläs­er aus Poly­car­bon­at. Diese Gläs­er haben genau die richtige Größe, sind leicht zu ver­ar­beit­en (sägen, bohren, kleben) und vor allem sind sie elastisch. Das bedeutet, dass die Zitrone ohne weit­ere Prä­pa­ra­tion des Glases darin eingek­lemmt wer­den kann. Davon später.

Jet­zt musst du dir eine ⇒ Lochsäge besor­gen, die einen Zahnkranz mit 68 mm Durchmess­er besitzt. Dies ist die per­fek­te Größe für die Pint­gläs­er. Mit dieser Säge machst du ein Loch in den Boden des Glases. Auf­grund der Dimen­sion wird dies fast den gesamten Glas­bo­den ent­fer­nen, du hast sozusagen ein boden­los­es Glas. Das ist ein pos­i­tiv­er Neben­ef­fekt, denn jet­zt kann man viele Rou­ti­nen vor­führen, die ein boden­los­es Glas ver­wen­den. Und das mit den tollen, unzer­brech­lichen Pint­gläsern aus Poly­car­bon­at.

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Was jet­zt kommt, ist ein wichtiger Schritt: Der Rand des Glases (nur die Ober­fläche) muss schwarz gemalt wer­den, damit du später beim Auss­chnei­den des Glas­beo­dens eine Ori­en­tierung hast. Ich ver­wende einen ganz nor­malen Edding dazu.

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Das Pint­glas wird nun in die Schale gek­lebt. Dazu ver­wende ich einen starken Epox­id­harzk­le­ber (Patex Sta­bilit Express). Da die Schale am Boden Ver­tiefun­gen hat, braucht man nur den Kle­ber in diese zu geben und das Glas hineinzustellen. Lass das Ganze gut aus­trock­nen und durch­härten, bevor du weit­er­ma­chst.

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Wenn der Kle­ber aus­ge­härtet ist, kannst du daran gehen, in den Boden der Schale ein Loch zu fräsen. Ich ver­wende dabei ein Mini-Tool (z. B. Dremel) mit einem sehr feinen Säge­blatt. Die Schale wird umge­dreht und jet­zt weißt du auch, warum der Glas­rand geschwärzt wurde. Du kannst durch den Schalen­bo­den hin­durch genau sehen, wo du mit den Säge ent­langschnei­den musst (an der Innen­seite des Glas­ran­des).

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Wenn das getan ist, wird der Rand mit feinem Schmirgel­pa­pi­er sauber abgeschlif­f­en und dein Tip Jar ist fast fer­tig.

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Funk­tion­sweise

Die prä­pari­erte Zitrone (oder eine andere Frucht, die ins Glas passt) wird oben in der Nähe der Öff­nung eingek­lemmt. Wenn du dabei das Glas zusam­men­drückst, die Zitrone ein­schieb­st und das Glas wieder loslässt, wird es durch seine Span­nung die Zitrone sich­er fes­tk­lem­men. Das ist das Prak­tis­che an dieser Kon­struk­tion. Um die geladene Zitrone in die Hand zu bekom­men, brauchst du nur die Schale wie den Sek­tküh­ler beim Geld­sche­in­fang zu hal­ten und mit dem Mit­telfin­ger nach unten zu drück­en. Die Zitrone wird sich lösen und in die andere Hand fall­en, die sich unter der Schale befind­et und diese hält.

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Jet­zt braucht man nur noch Geld­scheine und Münzen in die Schale zu stopfen (ich ver­wende Pok­er-Geld­scheine in Dol­lar- und Euro­for­mat). Die Münzen kom­men unten hinein. Sie verdeck­en die Öff­nung wun­der­bar und machen die Schale etwas sta­bil­er. In die Seit­en­wände stopf­st du so viele Geld­scheine wie möglich, bis über den oberen Glas­rand hin­aus.

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Ich befes­tige zuerst die Scheine um die Glasöff­nung mit dop­pel­seit­ig kleben­den Punk­ten, so dass diese immer in der gle­ichen Posi­tion bleiben und die Öff­nung gut abschir­men. Danach wird die Schale mit Geld gefüllt. Ich habe mir dann aus dem Deck­el eines großen Joghurt­bech­ers einen Schal­en­deck­el gebastelt (mit Buntspray far­big gemacht).

Fer­tig ist dein neuer Tip Jar, von dem ich mir sich­er bin, dass du niemals mehr etwas anderes ver­wen­den willst. Die Kosten für ein Mod­ell nach dieser Anleitung belaufen sich auf ca. 100 EUR (inklu­sive des Mini-Bohrers, Lochsäge, Kle­ber, etc.). Die Kosten, die bei mir aufliefen, bis ich die richti­gen Mate­ri­alien und die Ver­ar­beitungsweise zusam­men hat­te, auf mehrere hun­dert Euro! Aber das ist ja nor­mal beim Pro­to­typen­bau (die Arbeit­szeit noch gar nicht ein­gerech­net). Ein Punkt, den die meis­ten Zauber­er kom­plett überse­hen.

Sei also dankbar, für das viele Geld und die Ner­ven, die ich dir erspart habe! 🙂

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Pow­er-Tipps für Vari­a­tio­nen

Natür­lich ist dieses Glas nicht nur auf Zitro­nen beschränkt. Ich ver­wende es gerne, um die Zigaret­ten­scachtel von meinem Trick BOXED darin zu ver­stauen. In dem Fall lan­det der Geld­schein im Inneren eines Feuerzeuges, welch­es sich in der mit Gum­mibän­dern umschnürten Zigaret­ten­schachtel befind­et.

Oder man klemmt ein Kar­ten­tui ein, welch­es für meinen Trick INNER SANCTUM prä­pari­ert ist. Dann erscheint der Geld­schein später im Inneren ein­er unter­schriebe­nen Spielka­rte!

Bei­des ist möglich, da die Pint­gläs­er für bei­de Tricks genau den richti­gen Durchmess­er haben. Da soll noch ein­er sagen, meine Art der Zauberei wäre nicht flex­i­bel …

Noch etwas: Diese Anleitung ist keine Ein­ladung an Möchte-gern-Händler und Kopis­ten.