Immer wieder hört (und sieht) man: „Hier bitte, das können Sie sich natürlich anschauen! Keine Spiegel, keine doppelten Böden, keine Falltüren…“
Es ist an der Zeit, über dieses Thema intensiver nachzudenken.
Die Suche nach dem perfekten Effekt, bei dem Wunder geschehen und alles sofort erforscht werden kann, hört bei den Zauberern nicht auf. Es ist fast wie die Suche nach dem Heiligen Gral. Die Lösung aller magischen Probleme.
Warum müssen Zauberer immer alles zur Untersuchung hergeben? Warum suchen Zauberer nach Tricks, bei denen sie die Requisiten zur Kontrolle aus der Hand geben können?
Einer der Hauptgründe für die Suche nach Beweisen könnte sein, dass der Zauberer unsicher ist und seine Routine nicht gründlich genug ausgearbeitet hat. Er entwickelt auch ein schlechtes Gewissen, weil er nicht von der Täuschungskraft seiner Tricks überzeugt ist. Dies liegt daran, dass die meisten Zauberkünstler nicht gründlich genug studiert haben, warum Zauberei funktioniert und wie die zugrundeliegenden Mechanismen funktionieren.
Ein anderer Grund mag in der Faulheit vieler Zauberer liegen, die die Mühe und die Zeit scheuen, sich mit der Kunst auseinanderzusetzen, eine vernünftige Routine aufzubauen und die notwendigen Griffe und Manöver zu erlernen. Sie wollen den großen Zampano spielen und Beifall und Bewunderung ernten, ohne etwas dafür tun zu müssen. Am liebsten würde man sich die Arbeit vom Gimmick abnehmen lassen.
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Die Wirklichkeit
Wir können nicht wirklich zaubern und müssen daher Tricks, Gimmicks und psychologische Manöver anwenden, um die Illusion eines unerklärlichen Wunders zu erzeugen. Daran führt kein Weg vorbei. Das bedeutet, dass jeder, der aktiv Magie betreibt, sich mit dieser Tatsache abfinden muss. Die von vielen gehegte (naïve) Hoffnung, irgendwann den perfekten Trick zu finden, ist eine Sackgasse und der Versuch, diesen Trick zu finden, reine Zeitverschwendung. Besser ist es, diese Zeit und Energie in den Aufbau von Routinen zu investieren.
Wenn man mit Gimmicks arbeitet, kann man natürlich Effekte in einer Sauberkeit erzeugen, die mit Handfertigkeit nicht möglich wäre. Allerdings hat man dann das Problem, das Gimmick wieder beiseite legen zu müssen. Dafür braucht man Handfertigkeit und das ist der Preis, den man dafür zahlen muss.
Wenn man mit völlig unvorbereiteten Requisiten arbeitet, ist man allein auf Geschick und Psychologie angewiesen. Manche Effekte, die man mit einem Gimmick erzielen könnte, sehen dann vielleicht nicht so sauber aus. Auch das ist ein Preis, den man zahlen muss. Es gibt keinen Mittelweg.
Ich möchte darauf hinweisen, dass dies nicht bedeutet, dass die Zuschauer nicht auch einmal ein Objekt in die Hand bekommen dürfen. Als Beispiel: Wenn nach einem Cup oder Chop Cup die Finalladungen auf dem Tisch liegen, greifen die Zuschauer fast immer nach den Zitronen, weil sie sehen wollen, ob sie echt sind. Alles kein Problem.
Eine unterschriebene Karte, die gefaltet in einer Schachtel auftaucht, wird sehr wahrscheinlich angefasst und daraufhin untersucht, ob die Unterschrift auch echt ist. Auch das ist kein Problem. Dasselbe gilt für eine Karte in der Brieftasche.
Weder beim Becherspiel noch beim CTW wird nach den Bechern oder der Brieftasche gefragt! Warum auch? Becher sind Becher und eine Brieftasche ist eine Brieftasche – was ist daran nicht normal? Laien haben keine Ahnung von Trickgeldbörsen oder Magneten in Bechern…
Wenn eine Routine gut aufgebaut und geplant ist, kommen die Zuschauer gar nicht auf die Idee, etwas untersuchen zu wollen. Wenn der Zauberer aber schwach ist und nur ein Rätsel vorführt, bei dem ein Gegenstand die Hauptrolle spielt, dann ist es klar, dass die Leute neugierig sind und herausfinden wollen, wie dieses Rätsel funktioniert.
Es hängt also auch davon ab, ob der Zauberer gelernt hat, sein Publikum zu führen und zu kontrollieren. Es ist wichtig, dass der Zauberer seine Routine von Anfang an so geplant hat, dass die Frage nach dem Warum gar nicht erst aufkommt. Dafür gibt es Mittel und Wege. Diese müssen aber VOR dem Aufbau einer Routine überlegt und ausgearbeitet werden. Aus meiner Sicht sind dies:
- Zuschauerkontrolle
- Sauberes Handwerk
- Gute Routineplanung
- Harmlosigkeit der Objekte
- Schaffung einer magischen Atmosphäre, in der die Zweifel der Zuschauer aufgehoben werden (Suspension of disbelieve)
Kontrolle des Publikums
Es ist notwendig, dass der Zauberkünstler führt und den Weg vorgibt, den die Zuschauer gehen sollen. Wer in seinen Vorführungen immer wieder an den Punkt kommt, an dem die Zuschauer die Gegenstände sehen wollen, macht grundlegende Dinge falsch. Meist liegt es daran, dass die Tricks nur als belanglose Rätsel gezeigt werden, verbunden mit einer unangenehmen Ausstrahlung des Vorführenden. Eine arrogante Haltung, die „Ich weiß, was du nicht weißt“ kommuniziert, provoziert natürlich die Zuschauer, sich einzumischen. Es reicht nicht, den Leuten irgendein Objekt zu zeigen, von dem sie wissen, dass es die eigentliche Arbeit macht und nicht derjenige, der es vorführt. Das lädt nur dazu ein, dieses Wunderwerk sehen zu wollen.
Sauberes Handwerk
Wenn man eine Münze verschwinden lässt und die Griffe nicht sauber sind, werden die Zuschauer es merken. Wenn man das gleiche Verschwinden mit einem Werkzeug vorführt und die Handhabung auch nicht sauber ist, dann wird man genauso erwischt (nur dass man dann das Werkzeug noch am Hals hat).
Ein Vorführender, der den Umgang mit dem Gimmick Chop Cup nicht beherrscht und diesen immer wieder demonstrativ auf den Tisch knallt (weil er die richtige, unauffällige Handhabung nicht gelernt hat), lenkt die Aufmerksamkeit auf den Becher und weg von der Routine. Es ist klar, dass die Zuschauer nun vermuten, dass der Becher etwas mit dem Trick zu tun hat.
Routine gut planen
Man kann das übliche „Bitte, hier – Sie können das natürlich untersuchen!“ sehr gut umgehen, indem man bei der Planung der Routine berücksichtigt, dass die Zuschauer die Gegenstände unauffällig in die Hand bekommen. Zum Beispiel könnte man den Zuschauer bitten, den Becher aus der Tüte zu nehmen. Allein dadurch wird die Hitze vom Becher genommen, ohne dass ein Wort über die Unverfänglichkeit des Bechers verloren wird. Man kann den bereits gefüllten Beutel bedenkenlos vor einen Zuschauer stellen und ihn bitten, darauf aufzupassen.
Es ist die Natürlichkeit und (geplante) Unbekümmertheit des Vorführenden, die den Zuschauer geistig täuscht. Dies muss vorher in einer Routine geplant werden. Ein gutes Beispiel für diese Planung und Voraussicht ist die Routine von Dai Vernon. Natürlich ist es wichtig, dass die Zuschauer davon überzeugt sind, dass die Becher leer sind, bevor die Zitronen erscheinen. Der Professor löste dieses Problem, indem er zu Beginn seiner Routine einige Gags mit den Bechern vorführte (Becher durch Becher, Messen mit dem Zauberstab, Durchstechen des Bechers mit dem Zauberstab). Auf diese unterhaltsame Weise vermittelte er zwei Dinge: Die Becher sind leer und die Becher sind normal. Eine psychologisch perfekte Routine.
Die Harmlosigkeit der Objekte
Bei näherer Betrachtung von Albert Goshmans Close-Up Act fällt auf, dass er dem Publikum niemals irgendwelche Gegenstände in die Hand drückt und es auffordert, diese zu untersuchen. Wenn man bedenkt, dass es sich bei den Gegenständen, die er verwendet, um gewöhnliche Alltagsgegenstände handelt (Münzen, Salzstreuer, Zeitungspapier, eine Schüssel, ein Kartenspiel), wird man durch die Präsentation und die Routine davon abgehalten, etwas untersuchen zu wollen. Durch die Natürlichkeit der Requisiten haben die Zuschauer auch nicht das Bedürfnis, diese zu untersuchen.
Eine magische Atmosphäre schaffen
Eine gute Demonstration sollte darauf abzielen, die Ungläubigkeit und Skepsis der Zuschauer zu beseitigen und sie an ein Wunder glauben zu lassen. Das bedeutet, dass die Wirkung des Gezeigten größer sein muss als der Drang des Zuschauers, etwas erforschen zu wollen. Die Inszenierung und die Handlung der Routine müssen die Emotionen der Zuschauer wecken. Sie sollen in die Geschichte, die der Zauberer erzählen will, hineingezogen werden und sich nicht für die Requisiten interessieren.
Um dies zu erreichen, ist es notwendig, vor allem die Werke von Arturo de Ascanio zu studieren. Auch die Abhandlungen von Juan Tamariz (Die 5 Punkte in der Zauberei und Der magische Weg) sind ein absolutes Grundlagenmaterial in dieser Richtung.
Wenn man es geschafft hat, die Suspension of disbelieve zu implementieren, wird man nicht mehr auf die Idee kommen, die Requisiten untersuchen zu wollen, da diese Vermutung durch eine gute Routineplanung und Kombination der oben genannten Punkte bereits eliminiert wurde.
Mehr dazu in meinem Buch BURNERS 4, in dem ich viele Beispiele beschreibe, die die oben genannten Punkte noch besser verdeutlichen. Besonders was die Schaffung der magischen Atmosphäre angeht, denn darüber könnte man ein ganzes Buch schreiben. Ascanio hat es getan.