Ein guter Denkanstoß von Markus Laymann in seinem Kommentar zum letzten Artikel (Tag 05). Worüber soll der Zuschauer nachdenken? Welche Aussage neben der verdrehten Realität und Illusion soll ein Zauber-Theaterstück denn haben? Da werde ich mir wohl noch ein paar Gedanken machen müssen …
Heute möchte ich über die Struktur meines Stückes nachdenken. Soll es ein Einakter, Zweiakter oder Dreiakter werden? Oder gehe ich den Weg, wie PUNX ihn beschritten hat?
Das PUNX-System
Bei ihm gliederte sich der Abend in vier Teile, oder Akte. Klingt nach viel Theater! Jeder Akt wurde von einer anderen „Figur“ gespielt: Es gab den Eulenspiegel, den Münchhausen, einen Mentalisten bzw. Hellseher und den modernen PUNX selbst. PUNX spielte alle diese Figuren, und die einzige Unterscheidung optisch war, dass er bei jedem Akt ein andersfarbiges Hemd zum Frack trug. Seine Bühnendekoration war ein nachempfundenes Wohnzimmer, mit Stuhl, Tisch und Stehlampe. Also sehr zurückhaltend, fast schon minimalistisch. Was für ein toller Gedanke, was für ein großartiges Konzept. Vier Akte, vier verschiedene Figuren und natürlich in jedem Akt verschiedene Tricks und Experimente. PUNX war seiner Zeit damals schon 50 Jahre voraus. Dieser Aufbau eines Theaterabends gefällt mir.
Was mir noch gefallen würde, wären ein Prolog und ein Epilog, welche die vier Akte einrahmen. Gerade den Prolog fände ich sehr wichtig, weil der innerhalb kürzester Zeit den Ort, die Zeit und den Hauptdarsteller klar macht. Die Zuschauer kommen ins Theater, nehmen Platz und nach kurzer Zeit geht das Spektakel los. Es beginnt mit einem Prolog und die Leute sind sofort im Bilde, wo sie sich (theatralisch) gerade befinden und um was es geht. Dann kommen die vier Akte und zum Schluß kommt das Nachspiel (Epilog), das den „Kreis schließen“ kann oder nochmals ein wichtiges Thema aufnimmt.
Interessant wäre auch, beim Epilog den Brecht’schen Verfremdungseffekt nochmals voll zur Geltung kommen zu lassen. Die „De-Illusion“ sozusagen. Den Zuschauern einen Spiegel vorzuhalten, sie zum Nachdenken über das Erlebte anzuregen.
Die Struktur könnte dann so aussehen:
Prolog
1. Akt
2. Akt
— Pause —
3. Akt
4. Akt
Epilog
PUNX spielte vier verschiedene Rollen. Bei vier Akten könnte man auch jedem Akt ein Thema geben. Ein Beispiel wären die vier Jahreszeiten, was ich aber langweilig und kitschig finde. Wer will „Sommertricks“, Wintertricks“ usw. sehen?
Interessanter wäre, die vier Akte jeweils mit verschiedenen Masterplots zu versehen. Das bedeutet, jeder Akt wird von einem der bekannten Plots bestimmt. Das wäre dann wie vier Filme an einem Abend, was zwar viel ist, aber spannend und abwechslungsreich. Zur Auswahl stehen die klassischen Plots:
Quest
Adventure
Pursuit
Rescue
Escape
Revenge
The Riddle
Rivalry
Underdog
Temptation
Metamorphosis
Transformation
Maturation
Love
Forbidden Love
Sacrifice
Discovery
Wretched Excess
Ascension and Descension
Somit hätte ich zumindest eine Struktur. Jeder Akt wird von einem Plot bestimmt. Und ich könnte diese Plots auch miteinander verbinden, wenn es sich um eine Geschichte handelt, bei der der Zuschauer mit jedem Akt eine Weiterentwicklung dieser Geschichte erlebt. Diese Geschichte löst sich dann im vierten Akt auf.
Oder ich habe zwei Geschichten, die eine wird in Akt 1 und 3 erzählt, die andere läuft als paralleler Handlungsstrang in den Akten 2 und 4. Zum Schluß verbinden sich die beiden scheinbar nicht zusammengehörigen Stränge und machen Sinn. Das würde eine gewisse Spannung erzeugen und einen Überraschungseffekt zum Schluß.
Oder ich habe vier verschiedene Geschichten, die alle in verschiedenen Zeiten spielen und die dann zum Schluß trotzdem aufeinander treffen. Eine Reise durch die Zeit mit einem surrealistischen Ende.
Das Problem ist, dass ich immer noch keine Geschichte habe für mein Theaterstück. So sehr ich auch nachdenke, es fällt mir nichts bedeutsames ein. Aber vielleicht darf man ja gerade das nicht erzwingen. Also warten auf die zündende Idee für eine Geschichte. Dann hätte ich auch einen Titel endlich für das Stück. Ein Titel, der den Zuschauer neugierig auf die Geschichte macht.
Es ist gar nicht so einfach, ein Theaterstück mit Zauberei zu schreiben. Ich denke, ich werde bald dringend die Hilfe und Kreativität eines Patrick Vollgas brauchen!
Bevor ich aber diesen Schritt mache, habe ich mir die Bücher von Michael Ende bestellt. Instinktiv spüre ich, dass genau dieser Autor mich vielleicht inspirieren könnte, denn viele seiner Werke handeln von Traumwelten, Verzerrung der Realität und Phantasie. Ab in die Traumwelten des Michael Ende und mal sehen, was das bei mir auslösen wird …
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