Dieses Posting ist für alle, die wirklich in der Zauberei weiterkommen wollen. Ein „Geheimtipp“ sozusagen. Ich spreche vom sagenumwobenen Tarbell Course in Magic. Das Werk, mit dem so ziemlich jeder Profi in den englischsprachigen Ländern angefangen hat, das Werk, in dem heute noch „Berühmtheiten“ wie JUNO, A. de Cova u.v.m. heimlich nachblättern, um ihren Zauberkollegen „neue“ Ideen liefern zu können. Das Werk, über das niemand sprechen will, dessen Name nicht genannt werden darf und das die meisten der Zauberer nicht kennen oder bereits wieder vergessen haben.
Dr. Harlan Tarbell war Arzt, Autor, Zeichner, Trickerfinder, Vorführer und Lehrer. Er erschuf mit seinem mehrbändigen Zauberkurs sein Lebenswerk und Vermächtnis und schenkte uns damit eine überaus bedeutsame Grundlage für moderne Zauberkunst. In diesem Werk kann man alles erlernen, was es für eine Karriere als Zauberkünstler braucht, und noch viel mehr. Das Werk ist für viele Zauberer eine konstante Quelle der Inspiration.
Das Besondere am Tarbell Course ist, dass nicht nur die Mikromagie behandelt wird, sondern auch die Salon- und Bühnenmagie. Ich kenne kein anderes Werk, das so viele gute Kunststücke und Prinzipien für die Bühne und die Partyzauberei anbietet.
Aber auch die an Mentalmagie interessierten Zauberer kommen auf ihre Kosten, es ist sehr vieles gutes Material drin. Dieses Material wird aber auch sehr gut von Tarbell erklärt, im Gegensatz zu vielen der „modernen“ Einzelroutinen, die es heute zu kaufen gibt. Wenn jemand in den Bereich Mentalmagie einsteigen will, dann ist er mit dem Tarbell besser bedient als mit für einen Anfänger und Hobbyisten zu schwere und komplizierte Dinge wie z. B. Hypnosesachen, elektronischen Informationsgewinnungssystemen (anders kann ich es nicht nennen) Dual-Reality oder Pre-Show Work. Die hier geschilderten Kunststücke sind alle handwerkklich „ehrlich“ und erst wenn man diese sicher vorführen kann und „sattelfest“ ist, dann sollte man zu den oben erwähnten fortgeschrittenen Techniken übergehen. Tarbell wusste genau, was er tat und von was er sprach, und genau dieses Wissen gibt er weiter. Er war ein sehr guter magischer Fachschriftsteller. und ist in meinen Augen immer noch ein in der Zauberei unerreichter Lehrmeister.
Nach dem intensiven Studium des Tarbell kann man getrost von sich behaupten, sich in der Zauberei halbwegs auszukennen. Ich gehe sogar soweit, zu sagen, dass der MZvD seine Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung auf den Tarbell Course aufbauen sollte. Das ist wesentlich ausführlicher, besser und qualitativ hochwertiger als das immer noch gültige Handbuch der Magie. Das ist ja ganz nett, aber niemals mit der Qualität und Ausführlichkeit des Tarbell zu vergleichen. Natürlich bedeutet das auch mehr Arbeit für die Prüflinge, aber es zahlt sich auf lange Sicht einfach nur aus. Das Wissen, das man sich mit dem Tarbell aneignet, bleibt einem das ganze Leben erhalten. Und es ist aktives Wissen, das praktisch eingesetzt werden kann, und nicht nur Schreibtischträumereien und Schnapsideen.
Man darf nicht vergessen, dass der ursprüngliche Tarbell Course ein Fernlehrgang der Zauberei war, der bislang in der Geschichte der Magie unerreicht blieb. Der ganze Lehrgang war didaktisch und fachlich entsprechend aufbereitet, d. h., man wurde immer weiter in die Geheimnisse der Magie eingeführt. Neben der Unmenge an Techniken und Prinzipien vermittelt der Tarbell aber auch wichtiges Wissen zum Thema Ablenkung, Programmzusammenstellung, Präsentation, Umgang mit Zuschauern, Requisitenbau und Geschichte der Zauberei. Gott sei Dank muss man heute nicht mehr auf die monatlichen Lektionen warten, sondern kann sich das auf einmal in die Bibliothek stellen.
Optimal ist der Tarbell als gedrucktes Werk, acht Bände, die was hermachen in der Bibliothek (muss ja auch sein) und die man gerne in die Hand nimmt – immer und immer wieder. Zumindest bei mir ist das so. Ich fing an, den Tarbell mit 14 Jahren zu lesen – und ich tue es heute noch! Ich mache es auch so, dass ich, wenn ich ein neues Kunststück bearbeiten will, zuerst mal im Tarbell nachgucke, nach dem Motto: „Wie hätte es Harlan Tarbell wohl gemacht?“
Einige reklamieren, das Material im Tarbell wäre „outdated“ und nicht mehr modern. das stimmt nicht. Gewiss, man sollte das eine oder andere von der Präsentation und vielleicht den requisiten an die heutige Zeit anpassen, aber die Tricks und Methoden sind weiterhin zeitgemäß und haben den Test der Zeit mühelos überstanden. Zauberei basiert nun mal auf mehr oder weniger immer den gleichen Prinzipien, und die sind hervorragend und in aller Ausführlichkeit im Tarbell beschrieben.
Eines der vielen weiteren Beispiele: Das „Tuch durch Mikrofonständer“, welches ich in meinem Workshops und Seminaren gezeigt habe, baut auf dem Tarbell-Rice Dissolvo Knot (ja, so heißt der) auf. Er steht detailliert beschrieben in Volume 6, Lektion 78, Seite 269. Es ist eine der vielen Techniken, die oft überlesen, bzw. überhaupt ncht gelesen werden, weil die Leute nicht mehr lesen. Als ich sie dann in den Seminaren vorführte, standen die Zauberer vor einem Rätsel. Weil sie eben nicht gelesen haben.
Meine erste Ringspielroutine erlernte ich aus dem Tarbell Course: Die Routine von Eugene Laurant. Sie steht in Volume 4, Lektion 54. Bis heute halte ich diese Routine für eine der besten, die es gibt. Leider führt sie kaum einer mehr so vor, alle scheinen sich auf die „kommerziellen“ Kurzversionen eingefahren zu haben, wobei die Laurant Routine ein paar richtig gute Gemeinheiten und Feinheiten in sich hat. Der letzte, den ich gesehen habe, der eine annähernd gleichartige Routine zeigte, war Dondo Burghardo mit seinen „goldenen Ringen“, und er täuschte mich damals böse mit der Geschichte mit dem Schlüsselring (wird auch in der Laurant-Routine angewandt).
Anstatt sich allen möglichen Mist zu kaufen, der eh nur in der Schublade landet, spart euch doch das Geld und holt euch einen Tarbell nach dem anderen und geht diese systematisch durch. Ihr werdet wirklich erstaunt sein, wie viel gutes Material da drin ist!
Gute Sache, für alle, die nicht englisch lesen können/wollen: Detlef Hartung vom Magic Center Harri ist seit Jahren dabei, den kompletten Tarbell ins Deutsche zu übertragen. Die einzelnen Lektionen sind genau am Original gehalten und sehr schön gemacht, zudem noch richtig preiswert. So kann man sich seinen deutschen Tarbell Course im Laufe der Zeit zusammenstellen und hat wirklich eine Arbeitsbibliothek.
Die Kosten für einen kompletten Tarbell hat man mit nur einer Show (!) locker wieder drin – aber das ist nichts im Vergleich zu dem Wert, den man in den Händen hat. Für mich ist der Tarbell die Grundausbildung, die Lehre, bis zur Gesellenprüfung. Wie in jedem anderen Handwerk braucht es seine drei bis vier Jahre, bis man das Material durchgearbeitet hat. Das erscheint viel, ist es aber nicht. Wie wäre es denn, wenn man sich die Zeit bis zum nächsten FISM Weltkongress (drei Jahre) damit vertreibt, den Tarbell durchzuackern? Man müsste sich nur dazu aufringen, sich den Tarbell Course zulegen, eine Zeit lang nichts anderes mehr kaufen und konstant dranbleiben.
Die Resultate würden dich (und hoffentlich deine Zuschauer) erstaunen!